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Riesaer hilft in Kenia

Der JVA-Mitarbeiter Sven Schulz hat auf einer medizinischen Station in Afrika gearbeitet. Nicht zum ersten Mal.

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Ein Dutzend Helfer war dieses Jahr wieder in Kenia vor Ort, um die Arbeit in der medizinischen Station zu unterstützen. Auch Sven Schulz aus Riesa war dabei, hier kniet er mittig vor dem blauen Schild.
Ein Dutzend Helfer war dieses Jahr wieder in Kenia vor Ort, um die Arbeit in der medizinischen Station zu unterstützen. Auch Sven Schulz aus Riesa war dabei, hier kniet er mittig vor dem blauen Schild. © whk

Riesa. Fünf Tage hintereinander hat Sven Schulz so lange gearbeitet, dass danach kein Abendessen mehr zu bekommen war. Zusätzlich machten sich Rückenschmerzen als Tribut der harten Arbeitswoche breit. Trotzdem hatte der Riesaer immer ein Lächeln auf den Lippen. „Es war wieder ein großartiges Erlebnis, mit dem Ärzteteam in der medizinischen Station des SOS-Kinderdorfes in Nairobi zusammenzuarbeiten“, erzählt Schulz. Zum vierten Mal schon unterstützte der Riesaer Justizvollzugsangestellte der JVA Zeithain die Hilfsaktion aus Pirmasens und der Südwestpfalz, die seit diesem Jahr unter dem Namen „Wir helfen Kenia e. V.“ firmiert.

So saßen der 51-jährige Schulz und seine Mitstreiter am vergangenen Freitagabend ungläubig vor ihrem Tusker, dem kenianischen Bier, und vermochten kaum zu glauben, was ihnen einer der Ärzte im Rückblick auf die vergangenen Tage vorrechnete. „Haben wir wirklich 93 kleine und große Patienten operiert?“, war auch Schulz von der Anzahl der Phimosen- und Leistenoperationen überrascht. Noch nie zuvor in der 14-jährigen Geschichte dieses Projektes gab es so viele Eingriffe.

Reise mit Startschwierigkeiten

Dabei gab es dieses Mal Startschwierigkeiten. „Wir haben in Dubai unseren Anschluss nach Nairobi verpasst, weil der Zubringerflug von Amsterdam zu spät dort ankam“, berichtet Schulz. „Vier Stunden mussten wir in Dubai in der Lounge ausharren, ehe wir nach Nairobi weiterfliegen konnten.“ Kaum gelandet, ging es dann auch schon auf die medizinische Station und ran an die Arbeit. Nur zum Mittagessen gönnten sich die Helfer eine Pause und genossen die Mahlzeiten der Massai-Schwester Esther. Die bringt so ziemlich alles auf den Tisch, was die kenianische Küche bietet: beispielsweise Sukuma Wiki, ein bitteres, spinatähnliches Blattgemüse, oder gegrilltes Hähnchen, das morgens noch über den Markt lief. Als Beilagen gibt es Reis, Kartoffeln, Chapati genannte Fladen und natürlich das unvermeidliche Ugali, die Leibspeise vieler Kenianer, die schockiert bis empört reagieren, „wenn wir Europäer ihnen erklären, dass wir den pappigen Maisbrei ziemlich fad finden“, schmunzelt Schulz.

Zu trinken gibt es selbst gemachten Mangosaft und stilles Wasser. Letzteres muss allerdings aus verschlossenen Flaschen kommen, da die meisten Europäer das Wasser hier ungekocht nicht vertragen. Aber da man die meisten Früchte in Kenia am Straßenrand in selbstgezimmerten Bretterbuden zu Preisen für höchstens achtzig Cent pro Kilo bekommt, stehen beim Ärzteteam oft saftige Wassermelonen, Ananas, Bananen und riesige Mangos und Avocados auf dem Speiseplan.

Der ändert sich ab Montagabend nach der Rückkehr des freiwilligen Helfers nach Riesa wieder grundlegend. Nach einem Zwischenstopp in Amsterdam wird er mitten in die deutsche Kälte und Adventszeit hinein landen. Die macht sich in Kenia nur in den großen, westlich geprägten Shopping-Centern in Nairobi bemerkbar. Da trällert bereits „Last Christmas“ aus den Lautsprechern, an Plastiktannen blinken Plastikkerzen, und in den Schnellrestaurants sind die Mitarbeiter mit Nikolausmützen verkleidet.

In den Slums und ländlichen Gebieten bekommt die Mehrheit der Kenianer die Adventszeit nur durch die zahlreichen Kirchgemeinden mit. An den Adventssonntagen nehmen die tiefgläubigen Kenianer an den langen Gottesdiensten und Gebeten teil, sind zudem aktiv am Leben ihrer Gemeinde beteiligt. Weihnachten selbst steht ebenfalls ganz im Zeichen verschiedener Gottesdienste, die mit Gesang, Tanz und vielen Predigten gestaltetet werden, rund drei Stunden dauern und unter freiem Himmel oder Wellblechdächern stattfinden. Abends wird in der Familie zusammen gekocht.

Eine Ziege zu Weihnachten

Wer es sich leisten kann, schlachtet zu diesem besonderen Anlass eine Ziege. Die riesigen Ziegenherden, die im Dezember durch die Straßen getrieben werden, sind in vielen Teilen Kenias daher der sicherste Indikator dafür, dass Weihnachten vor der Tür steht. Eine für Kenianer nicht ganz billige Anschaffung, durchschnittlich fünfzig Euro beträgt der Preis für eine Ziege.

Ein Bild, das man in Riesa nicht gewohnt ist. „Da brauche ich immer erst ein paar Tage, bis ich mich wieder an den weihnachtlichen Rummel und Überfluss bei uns gewöhne“, sagt Schulz ehrfürchtig, angesichts des Erlebten in den Elendsvierteln der kenianischen Hauptstadt. Und er weiß auch, dass er die Menschen bei der Hilfsaktion nur unterstützen konnte, weil sein Team wieder zahlreiche Spenden von Unternehmen und Privatpersonen aus seiner Heimat bekommen hat. So gab ihm Christine Geiger im Namen des Riesaer Elblandklinikums zwei Perfuser mit auf die weite Reise nach Ostafrika. Und auch die Riesaer Augenärztin Ute Langer unterstütze das Kenia-Projekt. Einerseits durch finanzielle Zuwendung, andererseits durch Brillenspenden, die durch sie ausgemessen wurden. Denn auch eine Augenärztin war in Kenia dabei. „Sie hat rund 300 Patienten wieder zu besserem Sehen verholfen, auch dank der Brillen aus Riesa“, bedankt sich Sven Schulz für die Unterstützung aus seiner Heimatregion. (whk)

Spendenkonto für die Hilfsaktion: Sparkasse Südwestpfalz – IBAN: DE77 5425 0010 0000 0949 79.