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Die Büchsenöffnerbande

Eine Neustädter Disko ist Anfang der 1990er Dreh- und Angelpunkt einer Einbrecherclique, die selbst die Olsenbande in den Schatten stellt. Kommissar Hubrich ermittelt.

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Die Plattenbausiedlung der „Fortschritt“-Werker, hier die Karl-Marx-Straße, gehörte zum Stolz von Neustadt. Als die DDR kollabierte, wurde daraus eine Problemzone, in der die damals wohl schlimmste Jugendbande Sachsens heranwuchs.
Die Plattenbausiedlung der „Fortschritt“-Werker, hier die Karl-Marx-Straße, gehörte zum Stolz von Neustadt. Als die DDR kollabierte, wurde daraus eine Problemzone, in der die damals wohl schlimmste Jugendbande Sachsens heranwuchs. © Stadtmuseum Neustadt i. Sachsen

Im Sommer 1993 wird in Rathmannsdorf ein Brennstoffverkäufer zum Fallensteller. Er heißt Stephan Hanitzsch, er ist der Inhaber des altehrwürdigen Kohlehandels Gotthelf Böhme, und er wird geplagt von Einbrechern. Einige Zeit hat Hanitzsch auf die Spitzbuben gelauert, denn er glaubt, dass sie wiederkommen. Doch er kann nicht jede Nacht auf der Lauer liegen. So greift er zur List. Er treibt über hundert Stück Nägel durch ein Brett und legt dieses, abgedeckt mit einem Tuch, unter jenes Fenster im Duschraum hinter dem Kontor, durch das die Diebe zuletzt eindrangen. Er füllt einen Eimer mit stinkender Farbe und stellt ihn auf ein Brett über der Tür, damit er auf die Ganoven niedersause. Das soll ihnen die Lust am Klau verderben. Zwei Wochen später schnappen die Fallen zu. Die Einbrecher trollen sich, wie irgendwann bekannt werden wird, mit zerstochenen Fußsohlen und versauten Klamotten. Doch der Schreck wirkt nicht lange. Hanitzschs antiker Geldschrank zieht die Gauner an, wie das Licht die Motten. Drei Tage vor Weihnachten kommen sie erneut zu Hanitzschs Firma. Sie hebeln das Fenster auf und steigen ein – diesmal wohl nach gründlicher Kontrolle des Fußbodens. Sie begeben sich in den Raum mit dem Geldschrank, schirmen alle Fenster mit ausgehängten Türen ab, damit kein Licht nach außen dringt. Dann wird der hundertjährige Tresor umgekippt und sein Rücken ganz pietätlos mit einem Trennschleifer aufgeschnitten. Inhalt: gut 2 000 D-Mark. Daraufhin wird getürmt, nicht ohne die Einrichtung zu verwüsten. Der Krach muss enorm gewesen sein. Doch niemand hört etwas und niemand sieht etwas auf dem abgelegenen Gelände. Die Büchsenöffnerbande setzt einen weiteren Coup auf ihre Liste, die bereits so lang ist, dass keiner mehr mitzählt.

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