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Müssen wir Angst vor Wölfen in der Heide haben?

Vor zwei Wochen wurden zwei Kälber in Arnsdorf vermutlich vom Wolf gerissen. Die Tiere kommen Dresden immer näher. 

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Der Wolf ist zurück in seinem früheren Lebensraum.
Der Wolf ist zurück in seinem früheren Lebensraum. © dpa

Immer wieder gibt es Meldungen über Wolfssichtungen rund um Dresden. Wir haben darüber mit den Experten des Kontaktbüros „Wölfe in Sachsen“ gesprochen. 

Wann gab es die letzte Wolfssichtung in der Dresdner Umgebung?

Erst am vorletzten Wochenende wurde eine aus der Dresdener Heide gemeldet. Sie klingt überzeugend. Das Foto, das dabei gemacht wurde, reicht jedoch nicht für einen eindeutigen Nachweis. Die letzte bestätigte Sichtung, bei der in Oberpoyritz in Waldnähe eine Fotoaufnahme eines Wolfes entstand, stammt vom Februar dieses Jahres.

Wie dicht an Dresden sind die Wölfe bereits herangekommen und leben einige dauerhaft in der Dresdner Heide?

Es gibt immer mal wieder Sichtungsmeldungen aus dem Randbereich von Dresden. Bisher gibt es keinen Beleg für eine dauerhafte Ansiedlung in der Dresdener Heide. Sie ist für sich genommen als Wolfsterritorium auch zu klein. Es kann jedoch sein, dass dieses Gebiet von Wölfen aus der Massenei, Stolpen/Hohnstein oder aus der Laußnitzer Heide auf ihren Streifzügen mitgenutzt wird.

Treffen Spaziergänger auf einen Wolf, worauf sollen sie achten?

Wölfe verhalten sich von Natur aus vorsichtig dem Menschen gegenüber, weshalb sie selbst ohne Jagddruck eine Begegnung mit den Menschen meiden. Meistens weichen die Wölfe aus, noch ehe wir sie bemerkt haben. Spaziergänger müssen sich nicht besonders in Acht nehmen. Wölfe haben normalerweise kein Interesse am Menschen, da sie ihn weder als Beutetier noch als Artgenossen wahrnehmen. Meistens, wenn Menschen und Wölfe zusammentreffen, ziehen sich die Tiere zurück. Trotzdem sollte man ihnen, wie anderen wehrhaften Wildtieren, mit Respekt begegnen.

Was sollte man im Begegnungsfall keineswegs tun?

Versuchen Sie nicht, sich einem Wolf anzunähern und ihn anzulocken. Lassen Sie ihm Raum für den Rückzug. Wichtig ist, Sichtungen an das Rathaus, an das Kontaktbüro oder an das LUPUS Institut zu melden. Wölfe bewegen sich wie andere Wildtiere, die mit ihren Ressourcen haushalten müssen, möglichst energiesparend fort. Meist laufen sie im geschnürten Trab, zielgerichtet über weite Strecken. Wege bieten eine gute Übersicht und kaum Hindernisse, weshalb sie bevorzugt werden.

Was ist, wenn ein Wolf nicht wegläuft?

Unter allen dokumentierten Wolfssichtungen in Sachsen waren nur wenige, in denen sich Wölfe Menschen genähert haben. Meistens handelte es sich um unerfahrene, neugierige Jungwölfe oder es überwog vor dem Fluchtimpuls das Interesse der Wölfe für Hunde oder Schafe in der Nähe der Person. Grundsätzlich gilt, dass Sie sich bei einer Begegnung ruhig verhalten und Abstand halten sollten. Falls der Wolf sich nicht zurückzieht, machen Sie sich bemerkbar, klatschen Sie in die Hände und sprechen Sie laut. Sollte der Wolf sich nähern, bleiben Sie stehen und machen sich groß.

Was ist, wenn ein Hund einen Wolf wittert und ihm nachjagt?

Viele Hunde reagieren vorsichtig auf Wölfe, so dass es zum Glück selten vorkommt, dass ein Hund einem Wolf hinterher rennt. Wenn doch, dann kann das für den Hund durchaus brenzlig werden, vor allem, wenn es sich bei dem Wolf um eines der Elterntiere handelt. Ein erwachsener, territorialer Wolf kann einen solchen Hund unter Umständen als Eindringling in seinem Territorium ansehen und ihn wie einen fremden Artgenossen behandeln, den er nicht in seinem Territorium duldet. 

Wie soll sich der Hundebesitzer verhalten?

Generell sollten Hunde im Wolfsgebiet angeleint oder nahe bei ihrem Besitzer geführt werden. Es kann vorkommen, dass Wölfe sich für diese Artgenossen interessieren, die aus Wolfssicht „dreist“ in ihrem Territorium markieren. Die Nähe seines Besitzers ist der beste Schutz für den Hund. Kommt es zu einem Zusammentreffen von Wolf und Hund, sollte man seinen Hund zu sich rufen, anleinen und sich ruhig zurückziehen.

Falls der Wolf weiter Interesse am Hund zeigt, sollte man sich durch Rufen bemerkbar machen und den Wolf durch das Werfen von Gegenständen vertreiben. Eine Gefahr für den Hundeführer selbst besteht in diesen Situationen nicht. Die Wölfe interessieren sich für ihre domestizierten Verwandten, nicht für die Menschen.

Es werden immer wieder Kadaver von gerissenen Tieren gefunden. Wem sollte das gemeldet werden?

Tote Wildtiere, die dem Jagdrecht unterliegen, wie es beispielsweise bei einem Reh der Fall ist, liegen grundsätzlich im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Jagdpächters. Besteht der Verdacht auf einen Wolfsriss, kann dieser einen Wildtierbeauftragten hinzuziehen. Das Töten von Huftieren ist keine Form der Aggression, sondern dient dem Nahrungserwerb. Dabei unterscheiden Wölfe nicht zwischen wildlebenden Arten und Nutztieren. Sie jagen die Beute, die am leichtesten zu erlegen ist.

Greift der Wolf auch Katzen an, die am Waldrand herumstreunen?

Die Nahrung der Wölfe besteht bei uns zu 52 Prozent aus Rehen und zu jeweils 20 Prozent aus Wildschweinen und Rothirschen. Wölfe sind auf die Jagd nach mittelgroßen bis großen Huftieren spezialisiert. Grundsätzlich ist es jedoch möglich, dass Wölfe Katzen töten, auch wenn dies in der Vergangenheit nur selten vorkam.

Gespräch: Kay Haufe