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Der beste Stahlwerker-Lehrling arbeitet in Freital

Einst haben beim Klingenberger Philipp Lohse die Kopfnoten nicht ganz gepasst. Jetzt trifft er den Bundespräsidenten.

Von Gunnar Klehm
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Ist inzwischen ein anerkannter Kollege: Philipp Lohse hat im Edelstahlwerk Freital gelernt und arbeitet dort nun als Facharbeiter. Seinen Abschluss machte er mit Bestnoten.
Ist inzwischen ein anerkannter Kollege: Philipp Lohse hat im Edelstahlwerk Freital gelernt und arbeitet dort nun als Facharbeiter. Seinen Abschluss machte er mit Bestnoten. © Foto: Karl-Ludwig Oberthür

Das Gesicht ist grau vom Staub. Eine Schutzbrille ist in dieser Halle des Edelstahlwerks in Freital Pflicht. Philipp Lohse hat gerade seine Schicht begonnen. In der Pfanne kocht das Metall, das auf mehr als 1 500 Grad Celsius erhitzt wird. Dann gibt der 21-Jährige die vorher berechnete Menge an Schwefel hinzu und steigt auf eine höhere Ebene. Die stabilen Arbeitsschuhe bringen die Metalltreppe zum Klingen.

Sicher wie ein alter Hase bewegt sich der Stahlwerker zwischen den rotglühenden Pfannen, dabei ist er gerade mal ein paar Monate lang Facharbeiter. „Das ist schon selten, dass jemand nach so kurzer Zeit alles so selbstständig erledigen kann“, sagt Norman Koyro, der Leiter des Schmelz- und Gießbetriebs. Für diese Anerkennung der Kollegen hat Philipp Lohse schon in der Lehrzeit einiges investiert. „Also ich habe mich nicht zu Hause hingesetzt und stundenlang gepaukt“, sagt er, aber in der Berufsschule und der praktischen Ausbildung zeigte er viel Interesse und eine so schnelle Auffassungsgabe, dass er am Ende seiner dreieinhalbjährigen Lehre bei allen theoretischen und praktischen Prüfungen 95 Prozent der abgefragten Leistungen erbrachte. Damit hat er nicht nur den Facharbeiterbrief als Verfahrenstechnologe geschafft, sondern ist sogar der Beste dieses Lehrberufs in ganz Deutschland.

Spektakuläre Bilder

Das wird vermutlich auch seine früheren Lehrerinnen und Lehrer an der Oberschule in Klingenberg freuen. Schließlich legten sie die Grundlagen für das chemische oder mathematische Grundverständnis bei Philipp Lohse. „Aufgrund der guten Zensuren in der Oberschule haben wir ihn gern als Lehrling genommen“, sagt Dietmar Pilz, Personalleiter der BGH Edelstahlwerke GmbH in Freital. Nur die Kopfnoten passten damals nicht so ganz in dieses positive Bild. „Darauf achten wir schon. Wir würden es aber bedauern, wenn angesichts der aktuellen Debatte die Kopfnoten wieder abgeschafft werden würden“, sagt Pilz. Zwar sei das nicht das allein entscheidende Kriterium. Mit guten Fachnoten kann auch jeder Bewerber punkten. Oder umgekehrt wiederum durchwachsene Fachnoten mit guten Kopfnoten aufpolieren. „Schlechte Fachnoten und schlechte Kopfnoten sind aber eine problematische Kombination“, sagt der Personalleiter.

Philipp Lohse war als Schüler über die Sächsische Zeitung auf den Beruf des Stahlwerkers aufmerksam geworden, erzählt er. Da habe er spektakuläre Bilder und Videos an den Öfen und Pfannen gesehen. Weil er unbedingt etwas Handwerkliches machen wollte, wo er anpacken kann, hatte er sich im Edelstahlwerk beworben. Bis heute hat er es nicht bereut.

Der gebürtige Klingenberger verdient trotz seines Einser-Abschlusses nicht mehr Geld als seine Kollegen – im Edelstahlwerk gibt es eine Lohnstruktur mit festen Tarifen. Aber der gute Abschluss könnte ihm trotzdem noch nützlich sein, denn er hofft darauf, in die Begabtenförderung zu kommen. Das gäbe dann wirklich zusätzliches Geld bei einer Meisterausbildung. „Das strebe ich jetzt als Nächstes an“, sagt der 21-Jährige. Bereits im Februar hatte er seine Lehre beendet. Dass er übernommen wurde, war keine Frage. „Das bieten wir allerdings allen Absolventen an“, sagt Pilz. Die Auftragsbücher seien voll. Daran habe auch der Wirtschaftsstreit mit China nichts geändert, weil es da um Massestahl und weniger um Edelstahl geht.

Inzwischen ist Philipp Lohse nach Freital gezogen. „Ich will unbedingt in der Region bleiben“, sagt er – der Familie und des Freundeskreises wegen. Denen hat er demnächst bestimmt was zu erzählen. Als einer der 200 besten Lehrlinge Deutschlands wird er am 3. Dezember in Berlin beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag ausgezeichnet. Die Ehrung übernimmt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und durchs Programm führt die Fernsehmoderatorin Barbara Schöneberger.

Am Freitaler Standort der BGH Edelstahlwerke GmbH sind rund 800 Mitarbeiter beschäftigt.

Derzeit werden 46 Lehrlinge in sechs verschiedenen Berufen ausgebildet, vom Kaufmann bis zum Technologen.

Gearbeitet wird wochentags im Drei-Schicht-System. Lehrlinge werden da integriert, sobald sie 18 Jahre alt sind.

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